Tschüss

Die 60 sind geschafft! Ich sage erstmal Tschüss und Danke. Sechs Jahrzehnte habe ich durchschritten und noch viel vor. Höhen und Tiefen gab es wie auf der Achterbahn, gute und schlechte Zeiten haben sich in atemberaubenden Tempo abgewechselt und sich öfter mal die Hand in die Klinke gegeben. Menschen haben meinen Weg gekreuzt und wieder verlassen, einige sind länger, sogar sehr lange geblieben. Andere tauchten nach Jahren wieder auf und wir erfuhren gemeinsam wie schön es ist, wenn jemand Dich noch kannte, als Du jung und feurig warst. Jemand, der sich daran erinnert, wie alles gekommen ist, der um Deine Unzulänglichkeiten weiß und Dich dennoch mag. Ich durfte meinen Geburtstag in Etappen feiern und das habe ich in vollen Zügen genossen. So viele liebe Weggenossen um mich herum, die mich reich beschenkten. Nicht nur mit Gaben sondern vor allem damit, dass sie DA waren, an meiner Seite mit Freude und Lachen und Zuneigung. Manche haben dafür eine lange Reise auf sich genommen und allein dafür drücke ich sie fest und in Dankbarkeit. Meine Tochter meinte zwar, ich solle nicht vor der Zeit die dritte Lebensphase einläuten, dafür hätte ich nach der Statistik noch 15 Jahre Zeit, aber es ist schon so, dass ich mich mehr in mir angekommen fühle. Meine Geburtstagsfeste haben mir nochmal vor Augen geführt, was wirklich wichtig ist. Zusammen sein zu dürfen mit denen die man liebt und wertschätzt, vertrauensvoller Austausch, Interesse am Anderen, das Lächeln in Euren Augen, das Zwinkern in Euren Herzen. Das Ich am Du erleben. Was ich nicht alles gelernt habe, mal weil ich es wollte, oft weil ich es musste. Heute weiß ich, mit weniger Gepäck ist man leichter und unkomplizierter unterwegs. Erwarte keinen Dank für all das was du für andere tust. Freue dich statt dessen umso mehr, wenn schöne Überraschungen auftauchen, liebevolle Gesten, einfühlsame Worte. Geniesse jede Umarmung bewusst - es gibt derer nie genug. Verliere keine Zeit mit Personen, die nur nehmen und nicht geben. Erkenne die Energiefresser und sei mutig genug, dich von ihnen zu distanzieren. Siehe die Blumen am Rande des Weges, höre das Rauschen des Baches, das Singen der Vögel, den Atem der Natur. Nichts ist beglückender, reiner, nachhaltiger. Ich habe gelernt mich zu fragen ob dieses und jenes in einem Jahr noch wichtig ist und als Antwort mehr Gelassenheit erhalten. Mein Körper hat mich gelehrt, meine Grenzen zu erkennen und zu akzeptieren, mein Geist hat geschmunzelt und sich ob der Grenzen foutiert. Schon lange weiß ich, dass ich zu meinen Werten stehen muss aber noch nicht lange genug habe ich auch den Mut, dies in jeder Situation zu tun. Mir ist jetzt klar, dass alles planen und hirnen nichts bringt, wenn ich nicht den Augenblick geniessen kann. Und erst heute begreife ich wirklich, was es bedeutet, genügsam zu sein, Erfüllung im Frieden mit sich und seiner Geschichte zu finden. Jetzt mal schauen ob ich morgen, mit der sechs vor der Jahreszahl, all dies auch noch beherzige. Oder ob die kommenden Zeiten alles auf den Kopf stellen und das Leben mir frech ein Bein stellt. Tanzen jedenfalls kann ich auch auf einem Bein, bloss nicht so lange. Ich jedenfalls kremple schon mal die Ärmel hoch. Falls jemand Lust auf ein amüsantes Gespräch bei Kaffee und Kuchen hat, unbedingt bei mir anklopfen. Ich freue mich über Diskussionen und Erzählungen, über Beglückends ebenso wie über Herzeleid, über Witze, Schlagfertigkeit und herzhafte Lacher. Liebe Menschen, die Ihr mir zugehört und meine Ergüsse gelesen habt, ich schicke jedem eine dicke Umarmung.

Marita