Runterfallen

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Der Beckenrand ist so verdammt glitschig. Die verkrampften Hände halten unter unsäglichen Schmerzen den ganzen schweren Körper an der Innenwand des Pools fest. Unten schwimmt der vermeintliche Wohlstand, das Haus mit Garten, der Fernseher, die Ledercouch, die Markenklamotten, das richtige Auto, die richtigen Ferien, die richtigen Hobbies, die richtigen Freunde, der einträgliche Job im unerträglichen Umfeld der Ja-Sager und meinungslosen Mitläufer, die teure Handtasche - die ganze Seichtheit, die wie Hundekacke an der Oberfläche vor sich hin dümpelt und das Wasser darunter verdunkelt. Loslassen bedeutet versinken, bedeutet Kontrollverlust, bedeutet fallen, ertrinken. Längst weiss das Herz, dass unter der Scheisse klares Wasser fliesst. Wasser, von dem man trinken könnte, mit dem das Gesicht einen rosigen Teint bekäme und in dem man sich frei schwimmt, aber der Verstand sagt nein, hör auf die Vernunft. Der Stolz lässt es nicht zu obwohl das Herz schon lange flüstert “lass los”. Ich hing vor langer Zeit mal an einer Kletterwand, hatte mit sportlichem Ehrgeiz und unter den bewundernden Blicken der Zuschauer in rasender Eile die höchste Position erklommen und sollte mich jetzt abseilen lassen. Das funktionierte aber nicht, denn ich konnte nicht loslassen. Panik rutschte in mir hoch, verschloss mir den Magen und die Kehle. Im Kopf Tsunami, am ganzen Körper kalter Schweiss und die Luft zum atmen wurde dünn wie uraltes Pergament. “Lass los” schrien die von unten. “Hab’ keine Angst, Du bist gesichert”. “Es kann nichts passieren”. “Ich kann nicht” wimmerte ich. “Mach die Augen zu und zähle bis drei; ich zähle mit Dir. Dann löse einfach die Finger von den Griffen” instruierte mich die beruhigende Stimme des Trainers. “Eins - zwei - drei”. Ich liess los und die Seile rollten mich sanft Richtung Boden ab - ein spektakuläres Gefühl. Aufatmen, pochende Erleichterung. Leider habe ich aus dieser Episode nicht gelernt, habe nicht begriffen, dass die Lösung loslassen ist, runterfallen, aufprallen, sich weh tun. Nur dann fliesst das Blut wieder, atmet das Ich und steht auf. Und weil ich die Lektion nicht kapieren konnte oder wollte, hänge ich seit Jahren am Beckenrand, aber jetzt, jetzt kann ich nicht mehr. Augen zu und springen, durch den Müll gleiten, bis zum Grund. Und dann schwimmen im sauberen Wasser und das Licht sehen. Ja, ich habe Wasser geschluckt, die Augen brennen und ich zittere vor Erschöpfung. Für seine Entscheidungen muss man immer zahlen aber diesmal kann der Preis gar nicht hoch genug sein, mit Geld nicht zu bezahlen. Ich habe mir noch ein paar Runden auf dem Lebenskarussell gesichert. Musica Maestro.

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Marita